Kabinett für sentimentale Trivialliteratur

 

 

Geschichte  

Wer liest was um 1850?
Technische Innovationen im Druckwesen und bei der Papierproduktion haben im 19. Jahrhundert eine Steigerung der Lesestoffproduktion zur Folge. Da nun billiger produziert werden kann, erweitert sich das Publikum. Die Massenproduktion setzt sich durch, man spekuliert auf individuelle Käufer in grosser Zahl.

Um 1850 erscheinen Familienblätter wie "Daheim“ oder "Die Gartenlaube“. Ihr Anliegen ist es, Unterhaltung und Bildung in die Familien zu tragen. Diese periodisch erscheinenden Blätter erfreuen sich rasch einer grossen Beliebtheit, ihre hohen Auflagezahlen liegen weit über denen der Tageszeitungen.


In der Ausbildung der bürgerlichen Mädchen bzw. Frauen hat die Beschäftigung mit Literatur eine grössere Bedeutung. Sie bilden denn auch das eigentliche Publikum der belletristischen Literatur und sind für die literatische Sozialisation der Kinder zuständig. Dabei sind sie in ihrer Lektüreauswahl jedoch inhaltlich und qualitativ stark eingeschränkt.

Liebesromane haben für die Leserinnen und Leser verschiedene Funktionen: Sie werden zum Ventil, über das Gefühle kanalisiert werden können, sie erfüllen die Funktion der Ratgeberliteratur, stiften Sinn in schwierigen Lebenssituationen, indem man Handlungsmuster findet, die sich auf das eigene Leben übertragen lassen, und bieten so Orientierung und Halt im Leben. Sie dienen der Unterhaltung, lassen die Zeit schneller vergehen oder trösten in schwierigen Momenten. "Ich weiss, ich schreibe nur Märchen, aber ich hoffe, damit manchem leidgeprüften Herzen wenigstens auf Stunden ein Paradies des Friedens vorzuzaubern“, schreibt Hedwig Courths-Mahler 1948 im Vorwort zu "Flucht in den Frieden“.