Kabinett für sentimentale Trivialliteratur
Anerkennung  

Schreiben vom Kanton Solothurn

In Anerkennung ihres Wirken verleiht der Regierungsrat des Kanton Solothurn Lotte Ravicini-Tschumi den Preis für Literaturvermittlung 2008

In Solothurn, in einem Haus aus dem späten 15. Jahrhundert am Klosterplatz, findet man ein ganz besonders literarisches Reich. Es ist das „Kabinett für sentimentale Trivialliteratur“, das die Journalistin Lotte Ravicini-Tschumi 2001 gründete.

Trivialliteratur hat heute einen schlechten Ruf. Ihr wird zur Last gelegt, auf den Erfolg beim Publikum zu schielen und darum allzu durchschaubar zu sein. Diese Gewissheit gerät im „Kabinett für sentimentale Trivialliteratur“ auf wunderbare Weise ins Wanken.Was dort gesammelt, gezeigt und vermittelt wird, macht deutlich, dass die Trivialliteratur im Spannungsfeld von gesellschaftlicher Veränderung und emanzipatorischer Bewegung steht und daher als Spiegel der Zeit besonders wertvoll ist. Der Schweizerische Nationalfonds hat die Sammlung ins „Handbuch der historischen Buchbestände der Schweiz“ aufgenommen und über die Zentralbibliothek Solothurn ist man der internationalen Bibliotheksdatenbank angeschlossen.

Tatsächlich sind die Grenzen zwischen Trivialliteratur und Hochliteratur fliessend. Wer mag sich noch eingestehen, dass bedeutende Autoren wie Fontane, Scheffel, Storm, Raabe oder Rückert ebenso in der Familienzeitschrift „Gartenlaube“, der Mutter der Trivialliteratur, ihre Romane zur Fortsetzung haben drucken lassen, wie die beiden bekanntesten Autorinnen dieses Organs, Eugenie Marlitt und Hedwig Courts-Maler.

Heute ist das Kabinett eine Stiftung. Auf vier Etagen findet der Besucher eine Fülle von Romanen, Biografien, Sekundärliteratur oder Lexika. Auch dem Ambiente der damaligen Leser zollt das Kabinett Tribut, indem zeitgemässen Interieur oder interessante Sammlungsstücke zu sehen sind. Unermüdlich arbeitet ein Team um die Stifterin Lotte Ravicini-Tschumi mit dem Präsidenten Peter Probst am „Museum für Frauenliteratur von der Französischen Revolution bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts“.

Der Kanton Solothurn zeichnet Lotte Ravicini-Tschumi für das Engagement mit dem Preis für Literaturvermittlung 2008 aus.

Solothurn, 17. November 2008

Im Namen des Regierungsrates
Esther Gassler, Frau Landammann und Andreas Eng, Staatsschreiber